Konfirmation und ein Ausflug

Man einigt sich für heute auf untentschieden. Es wird zu kalt in der schicken Klamotte. Diese letzte Runde Kubb lief über zwei Stunden, zweimal gings auf den König und dann doch nicht… eine Verabredung wird getroffen für irgendwann in diesem Sommer, auf dem Sportplatz, bis es entschieden ist. Was hatten wir ein Glück mit dem Wetter, niemand hätte letzte Woche damit gerechnet, dass man heute die halbe Party draußen feiern kann.

Als die letzten Gäste gegangen sind, stehen der Liebste und ich vor den Resten des Kuchenbuffets. „Da ist aber ordentlich was übrig geblieben“, sagt er. „Das war eine Torte mehr, als ich dachte und 10 Leute weniger“, sage ich. Oh. Alles ist wunderbar hin gekommen.

Schön war`s. High five.

*

Verschiedene Erkenntnisse im Nachgang, wie bei jeder guten Familienfeier. In großer Runde werden manchmal Dinge sichtbar, die sonst nicht auffallen und umgekehrt.

***

Wenn das Schiff wendet, lassen die dabei entstehenden Wellen die Sperrmauer überschwappen. Wann haben wir den Edersee das letzte Mal so voll gesehen? Ich kann mich nicht erinnern. Auffallend wenig Touristen. Anscheind beginnt das lange Wochenende erst nach dem ersten Mai.

Auf dem Sperrmauervorplatz steht jetzt ein monumentales Bauwerk. Im Inneren finden wir Touristeninformation und anscheind gibt es eine Ausstellung oder einen Film? über Sperrmauergeschichte auf der unteren Etage. Toiletten gibt es leider keine, dafür muss man einmal aussen halb ums Gebäude herumlaufen und ernsthaft? Einmal Pipi kostet 1 Euro, Kartenzahlung wird akzeptiert, sagt das Drehkreuz. Ich bin offensichtlich nicht die erste, die das befremdlich findet, denn an der Mauer links daneben hängt ein großes Schild auf dem steht „Hier bitte nicht pinkeln“. Ich zahle bar, bin aber von dem Preis/Leistungsverhältnis enttäuscht. Wir sparen uns die Ausstellung und gehen etwas abseits der Touristen-Hotspots Eis essen. Nächster Halt Strandbad. Der Liebste badet an. Ich gehe rein bis zur Bauchnabelgrenze und überlege es mir anders.

***

Der Bus kommt mir entgegen, hundert Meter vorm Ortsschild des Nachbarortes, seufz. Natürlich ist die Baustellenampel rot, Maikind kommt mir entgegen in der Mitte der Baustelle, denn die Ersatzbushaltestelle liegt so, dass Fussgänger mittendurch müssen, auf dem Weg zur Anschluss-Bushaltestelle. Der Bus, kommt uns auf dem Heimweg wieder entgegen, in unserer Straße, 300m von der Haltestelle entfernt. „och guck“, sagt Maikind, den hater ja dann wirklich sehr knapp verpasst. Stimmt.

Aber, eine twizzy-Fahrt bei sonnigen 23°C macht deutlich mehr Spaß als bei 5°C mit Schneegriesel, soviel steht fest. Man riecht das frisch gemähte Gras, den Raps und Gülle, natürlich.

***

Von heute auf morgen völlig verrotzt und allgemeine Erkältungssymthome, nichts geht mehr. Märzkind erwischt es zuerst, Julikind natürlich am Tag vor der Konfirmation, mich in der Woche danach. Am nächsten Tag geht es schon viel besser. Zum Glück. Aber, ein kleiner Rest bleibt länger und macht den Alltag etwas zäh.

***

Birdrace ist ein bisschen wie goecaching. Man fängt aus Quatsch an und entwickelt Ehrgeiz. Wäre da nicht diese Erkältung gewesen, wir hätten leicht noch mehr Arten finden können, da sind Maikind und ich uns einig. Nur so vom Küchenfenster und von der Haustür aus betrachtet, kommen wir auf 12 verschiedene Vogelarten und werden mit diesem Ergebnis quasi Kreismeister – weil wir die einzigen waren, von hier. Verdammt, wir wollten alle beide keine Urkunde. Wer ahnt denn auch sowas.

Hintergrundrauschen, Ende April 24

Morgens um halb acht im Wald. Aus dem Augenwinkel sehe ich am Hang zwei Rehe stehen. Wir begegnen uns jeden Morgen irgendwo auf der Runde, man kennt sich, man ignoriert sich. So nah kommen wir uns sonst allerdings nicht. Anscheind sind heute morgen alle mit den Gedanken woanders. Statt einfach geradeaus in den Wald zu laufen, dreht der junge Rehbock sich um und flüchtet genau in unsere Richtung. Er macht zwei lange Sätze, bemerkt, dass der Hund nicht aus dem Weg geht, weil er sich grundsätzlich nicht für Rehe interessiert und noch nicht gesehen hat, was da auf ihn zukommt, senkt den Kopf und Das kannste nicht erklären stellt die Stimme in meinem Kopf ganz sachlich fest, während ich in einer halben Sekunde darüber nachdenke, wie ich denn wohl das Geweih wieder aus dem Hund und den Hund aus dem Wald…“uuuuaaaaa“ sage ich laut, der Hund guckt hoch und springt sofort zur Seite. Nichts passiert. Alle wach.

***

Ein Rapsfeld blüht, direkt vor dem Bienenstand und es schneit. Aus imkerlicher Sicht werden die zwei Sommertage neulich vielleicht als Unwetterereignis zu werten sein, am Ende der Saison.

***

Textaufgabe: Eine Schulklasse fährt vom 21. – 24. Mai auf Klassenfahrt. Der zu zahlende Betrag für 4 Übernachtungen inkl Halbpension beträgt laut Elterninformationszettel 212 Euro plus Geld für Ausflüge und so. Details wurden den 13-jährigen Schülern mündlich mitgeteilt, vor den Osterferien und dem Praktikum. Insgesamt sind also 5 Wochen vergangen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die fehlenden Informationen in allen Elternhäusern angekommen sind in Prozent?

***

Och guck, für ein bestmögliches Baustellen-Erlebnis baggern sie Freitag noch die Bushaltestelle weg, in dem Ort, durch den dann ab Montag alle durch müssen. Dreißigerzone mit Ampel, der kreuzende Verkehr möge sich nach eigenem Ermessen einordnen. Eine entschleunigende Achtsamkeitsübung.

*

Maikind kommt nach Feierabend mit dem Bus nach Hause. Eigentlich. Es könnte sein, dass sich die Verbindung geändert hat, wegen Baustelle und unklarer Streckenänderung. Ich frage nach, ob ich ihn irgendwo auflesen soll. Ja, auf jeden Fall, aber wann und wo kann er noch nicht sagen, denn der Bus, der vor fünf Minuten bei uns vorm Haus hätte ankommen sollen, steht immernoch am Busbahnhof im Städtchen. Der Fahrer muss Pause machen, Lenkzeit überschritten. Nur zum Spaß hat er mal nachgeschaut, wie man die letzten 6 Kilometer überbrücken könnte, wenn man den Anschlussbus im Nachbarort verpasst, erzählt Maikind auf der Rückfahrt. Spoileralarm: Zu Fuss wäre man schneller.

*

Märzkind ruft an, ob ich sie im Nachbarort holen könnte, es gibt anscheind keinen Anschluss. Sicher. Zur vereinbarten Zeit stehe ich an der Ersatz-Bushaltestelle hinter der Ampel. Märzkind ruft an, um zu fragen, ob ich schon da sei. Jo. Ah, Mist, tut ihr voll leid. Sie wurden rausgelassen und stehen gerade drei Orte weiter, da kommt gleich ein Bus, der fährt durch bis nach Hause, wusste niemand, steht nicht in der App, ist aber so.

*

Julikind kann morgens mit dem Bus zum Praktikumsbetrieb fahren. Nachmittags fährt nichts. Sie muss abgeholt werden, um 15 Uhr. Es sei denn sie fährt mit auf Baustelle, dann könnte es später werden, es sei denn, sie sind eher fertig oder die Baustelle liegt so, dass man sie auf dem Rückweg zu Hause vorbeibringen kann.

Theoretisch liegt die Bushaltestellen-Einsammel-Fahrt in diesem Zeitraum auf dem Weg. Praktisch nicht einmal.

***

Im Spülmaschinen-Ablauf-Sieb steckt eine Plastikpommesgabel. Intuitiv strecke ich eine Hand aus, um sie zu entfernen. Moment. Plastikpommesgabeln kommen doch eigentlich nicht in den Geschirrspüler und, wenn ich so darüber nachdenke, ist diese nervige Fehlermeldung, die sonst immer blinkt nicht da gewesen, beim letzten Spülgang. Könnte Zufall sein oder smartes engineering oder beides. Ich lasse die Pommesgabel wo sie ist. Never change a running system.

***

Mittagessen zu dritt. Märzkind fällt was ein: „Ah so…, wegen Sektempfang, sollte ich dich noch fragen, ob du das… machste, ne?“ Pluseinskind verarbeitet die Frage, gibt dann ein zustimmendes Geräusch von sich und gestikuliert „kein Thema“, „siehste hab ich doch gesagt, braucht man nicht fragen, das macht der so“. „Ist höflicher“, argumentiere ich. Pluseinkind hat schon auf der Ladies-Night im Kino Sekt serviert, sagt er und schweigt dann vielsagend.

*

„Und? Wie gefällt dir diese Deko?“, frage ich Julikind auf der Feier ihrer Freundin. „Sehr schön“, ungefähr genau so hatte sie sich das auch gedacht. „6 Tage vor Veranstaltung wissen wir also endlich, was für Dekogedöns auf den Tisch soll“, murmele ich, eigentlich nur zu mir selber. Och, das sei aber sehr sympathisch, sagt die neben mir sitzende Mutter, sie sei da auch immer recht entspannt. Aber das sagt man ja so kurz vorher lieber keinem. Stimmt. Ich wundere mich selber, aber das entspannte Gefühl ist echt. Naja, die Eskalation wird uns finden, zu gegebener Zeit.

***

Es hat eine Weile gedauert, sich zu der Erkenntnis durchzuringen, aber jetzt ist es soweit. Ich hole mir die Winterhandschuhe wieder vom Dachboden, ziehe Skiunterwäsche drunter und ein zweites paar Socken an bevor ich mit dem Hund rausgehe. Könnte sein, er fährt morgen mit der Flitschbimmel an die Arbeit, sagt der Liebste. Bei seinem Auto sind schon Sommerreifen drauf, leichtsinnigerweise, Ende April.

Themenwoche Klamotten mit Blitz-Frühling

Neblig kalte 7°C sind als Ferienwetter ideal, um lange, lange aufgeschobenes zu erledigen.

*

Wir schauen den Kleiderschrank des Julikinds durch. Da müsste eigentlich einiges zu klein sein, sie ist über Winter gewachsen. Nö. Im Gegenteil. Manches, was im Herbst knapp war passt wieder. Merkwürdig, aber erfreulich.

*

Die riesige Plastikkiste, in der wir Klamotten für Flohmarkt sammeln, ist voll. Schneller als gedacht, könnten wir ja vielleicht schon den Frühlingsflohmarkt… je nach Wetterlage. Kiste auskippen, Preisvorstellungen machen, noch mehr Klamotten finden…

*

Ich muss zwei bewährte Kleidungsstücke ersetzen, gerne ohne shopping Erlebnis. Im Online-Laden gibt Maßtabellen neben der Größenangabe. Ich suche ein Maßband und bestelle emotionslos ein T-Shirt Größe M und ein Top Größe 44/46. Beides passt einwandfrei. Tja dann, hab ich wohl drei Größen gleichzeitig, oder gar keine.

*

Eine Socke reißt beim Anziehen, im Musterverlauf, oberhalb des Knöchels. Das hatte ich so auch noch nicht. Ok, die ist aus dem Socken-outlet-Laden, allerdings von einem Markenhersteller in einer Preisklasse wo man eine Haltbarkeit von mehr als fünf Monaten erwartet hätte. Funfact: die Socken mit tanzenden Lebkuchenmännern die von weitem auch als Blumenmuster durchgehen vom Kaffee-Discounter gehen in ihr zweites Jahr, ohne irgendwelche Ermüdungserscheinungen. Preis und Qualität haben nichts mehr miteinander zu tun.

*

Ich ziehe mir normale, zueinander passende, saubere Sachen zum Einkaufen an. Also – wenn ich da jetzt so aufgedonnert hin gehe, dann müssen sie sich aber nochmal umziehen – sagen beide Mädels und verschwinden wieder in ihren Zimmern. Ich setze mich auf die Treppe und denke darüber nach.

*

Das Prinzessinnen-Gen ist schwach in mir. All der Tüll und die funkelnden Steinchen, man fragt sich, ist es noch verrückt schon Wahnsinn, während man so in einem der mittig auf der Verkauffläche platzierten Aufbewahrungssessel für Angehörige sitzt. Aber die Show ist richtig gut. Der verantwortliche Fachverkäufer ist voll in seinem Element. Zwei Konfirmandinnen und eine Brautmutter probieren zeitgleich in verschiedenen Kabinen, bekommen jeweils passende Accessoires gereicht, werden nach getroffener Entscheidung in feiner Robe auf Socken rüber in die Schuhabteilung geschickt, kommen mit Schuhkarton zurück, werden wieder in Empfang genommen, Anruf in der Schneiderei, wenige Minuten später kommt eine Dame mit Nadelkissen am Arm, germurmelte Gespräche, dann ein Abholtermin, herzliche Verabschiedung, und alles wieder von vorne.

Zusammenfassend kann man sagen, es hat zweieinhalb Stunden gedauert, sich für das Kleid zu entscheiden, dass sie als allererstes anprobiert hat und ganz gut fand. Wir haben einen Abholtermin. Ich war tapfer. Die Mädels wundern sich, warum sie so hungrig sind, als wir den Laden verlassen.

*

Freitag morgen Hunderunde bei 7°C und Nebel, wie immer. Nachmittags fühlt sich das Wetter schon ganz anders an. Am Wochenende ist Sommer: 25°C , strahlender Sonnenschein, Gartenarbeiten, Sonnencreme, draußen sitzen, Blütenexplosion überall, Freibadgedanken. Montag nachmittag steht Maikind verfroren unter dem kleinen Dach an Tor 2, als ich vorfahre. Heute morgen um fünf, als er los ist, war der Pulli angemessen warm. Jetzt nicht mehr. Dienstag morgen Hunderunde bei Sonnenschein durch herrlich frisches grün und an blühenden Hecken vorbei. Ich ziehe die Kapuze hoch und zum Glück war da noch ein paar Handschuhe in den Jackentaschen. 4°C und Wind. Durchschnittlich war dann wohl Frühling, diese Woche. Naargh.

*

Bestes Flohmarktwetter, kurzentschlossen packen Märzkind und ich alles ins Auto. Aufbau war ab 7 Uhr, als wir um zwanzig vor acht ankommen, gibt es eigentlich schon keinen Stellplatz mehr. Man improvisiert. Wir verkaufen ganz gut, kommen aber auch zu verschiedenen Erkenntnissen, so über Vormittag. Ist ja alles auch immer zu Studienzwecken, mit angehender Sozialarbeiterin. Das Ziel war, mit weniger wieder nach Hause zu fahren und wir wundern uns am Ende, wie gut das geklappt hat. Märzkind hat ein paar Ohringe gekauft und ich tatsächlich garnichts. Noch nicht mal was aus irgendeiner verschenke-Kiste gekramt.

*

Wenn der Vatta und ich zusammen sitzen und sonst keiner im Raum ist, tauschen wir gern Netzwerkinformationen aus dem gesundheitlichen Bereich. „Samma, weißt du, wieso der Menne im Krankenhaus ist?“ „Der Menne ist im Krankenhaus?“… es gäbe eine mögliche Erklärung, die wäre schlecht. „Der Herr E. ist verstorben, weißt du woran?“ „Welcher Herr E.?“ „Der- gestern“ „Ach. Du. Scheiße. Nee, weiß ich nichts“ wir schweigen einen Moment. „Ach, un de Elfriede hat Lungenkrebs, übrigens, ging ihr nicht so richtig gut, dachte man sich, dass was ist, aber… das dann doch nicht, eigentlich“. So, und schon liegt wirklich jedes „Problem“ wieder innerhalb der Komfortzone.

*

Zack, drei Wochen Osterferien rum.

Ostern und verschiedenes

Der Hund hat nicht geheult, heute morgen um halb sechs, ist nicht abgehauen beim Spaziergang, hat was gefressen und gerade sehe ich ihn zum ersten mal seit drei Tagen schlafen. Herrlich. Meine Nerven hätten auch keinen einzigen Tag länger gereicht. Genaugenommen hatte ich schon nach Tierarztpraxen gesucht, die Kastrationen durchführt.

***

Eine Mutterkollegin und eine Freundin des Julikinds bringen Blumen, Schokolade und herzlichen Dank fürs Mitnehmen zur Konfirmandenstunde. Wow, ich freue mich. Dann aus dem Nichts ein ehrliches Gespräch unter mehrfach-Müttern. Wir sind ein bisschen froh, dass es unsere letzten Konfirmationen sind.

***

Saharastaub in der Luft lässt mich an meiner Unsterblichkeit zweifeln. Alles geht, wenn überhaupt nur langsam. Der Rest der Menschheit atmet, ohne irgendeinen Unterschied zu bemerken. Tja. Schöner rosa Sonnenuntergang aber, dass muss man sagen.

***

Zum Osterfeuer gehen wir alle zusammen, kommen aber zu unterschiedlichen Zeiten nach Hause.

Eigentlich habe sie ja nur bis zwei Uhr wach sein wollen sagt Julikind beim Frühstück, „aber dann…und ich schwöre, das ist wirklich passiert, hat der Zeiger der Uhr sich auf einmal von selber bewegt und es war drei“. Alle anderen nicken, Zeitumstellung, war angesagt. Diese Stunde Schlaf wird der kleinen Eule in jeder einzelnen Nacht fehlen bis Oktober oder so. Alle Jahre wieder.

Eier wurden gefärbt, versteckt, gesucht, gefunden – sogar eins mehr als gedacht, kurzer check, aber ja, sind tatsächlich alle von diesem Jahr, da hatte der Hase sich wohl verzählt. Eierwerfen fand im Rahmen eines Geburtstags-Osterkaffee-Spaziergangs in großer Runde statt. Es ist tatsächlich nur eins kaputt gegangen und das wurde mit der Hundeball-Schleuder geworfen. Dann ein Jogginghosen und Sofa Feiertag, leicht verkatert von soviel Verwandten-Präsenz, aber es war ein schönes Ostern mal so ganz ohne Corona.

***

Ein seltsamer Drei-Tages-Schnupfen zieht seine Runde durchs Haus, wie immer erwischt es drei von fünf, diesmal hatte ich Glück.

***

Die Leute reisen wieder, aber sowas von. Im alljährlichen Reisepostkarten-ersetzende-Statusmeldungen-Bingo, dass nur in meinem Kopf stattfindet, konnte ich schon die Felder für „diese Luftfeuchtigkeit, gehste kaputt bei“ , „Schriftzüge am Strand von Fuerteventura“, „diese Hitze, gehste kaputt bei“ und „die Schaukel am Strand der Malediven“, abhaken. Es ist gerade mal März. Direkt am 2. April sitzen morgens um halb neun schon leicht zerknitterte Trekkingtouristen mit erkennbar neuer Ausrüstung im Bushäuschen. Saisonstart. Als würde man vom Ikearestaurant aus zusehen, wie Leute ihre Autos beladen, ich finds toll.

***

Normalerweise drängelt der Hund um diese Zeit längst zum Spaziergang. Heute gräbt er die Nase in seine Decke und tut so als würde er schlafen. Das liegt nicht nur an der Zeitumstellung. Der Regen klopft sacht ans Fenster, die Welt draußen ist im Nebel versunken, man hört den Wind im Kamin und das Thermometer zeigt 7°C. Schnauze voll, da könnte gerne mal ein bisschen Frühling kommen.

vor Ostern 2024

So groß ist das Internet eigentlich garnicht. Maikind muss eine Präsentation schreiben zu einem Thema, das recht speziell zu sein scheint. Fachlich kann ich leider nicht helfen. Aber, ich hätte ein paar 90er Jahre Problemlösungsstrategien auf Lager und mache Vorschläge, alle unpraktisch und zeitaufwendig.

*

Es dauert eine Weile bis uns klar wird, was hier eigentlich das Problem ist, aber dann ist die Lösung ist einfach. Ich erkläre Julikind den Aufbau einer Tageszeitung in Papierform anhand eines Beispiels, das sie aus dem Großelternhaushalt besorgt hat. Artikel, Reportagen, Meldungen, Anzeigen… „Aha, ah, achso“, sagt das Kind in wissenschaftlich interessiertem Tonfall, „und wozu?“, möchte sie wissen. „Wozu was?“, frage ich. „wozu braucht man das?“ ich gucke fragend, sie deutet auf die Zeitung, „zur Information“, sage ich, „Hääää?“ fragt sie, in dem Tonfall, der das gesamte Universum in Frage stellt. „war früher so“, erkläre ich, aber warum das Teil ihrer Deutscharbeit sein wird bleibt ein Rätsel. „Die tun immer so als müssten wir nach dem Schulabschluss im 20. Jahrhundert leben“, sagt Julikind und verlässt kopfschüttelnd den Raum.

*

Tja, äh, Jahrgang 1982, ich hab vom letzten Jahrhundert fast genausoviel mitbekommen wie von diesem. Bei Fragen zu alten Kulturtechniken – einfach melden. Manchmal siehste sie nicht kommen, die Alterungsmomente.

***

Märzkind läd Großeltern zum Geburtstags-Grillen. Alle freuen sich und kommen gerne. Herrliches Frühlingswetter haben wir an diesem Tag, genau wie bestellt. Feiern ist allerdings nicht mehr so einfach mit den Ur-Omas. Man wird das Konzept anpassen müssen, irgendwie, demnächst.

***

Auf diesem Parkplatz hab ich so einiges an Wartezeit verbracht in den letzten Jahren. Ich kenne diesen Ausblick mit Schneegestöber, Vogel zwitschern, bei flirrender Hitze und mit bunten Blättern im Sturm. Kurz mal in mich reingehorcht ob mir das Fehlen wird? Nein, wenn ich ehrlich bin, eher nicht. „Meine“ letzte Konfirmandenstunde.

*

Einen richtig schönen Vorstellungsgottesdienst haben sie vorbereitet. Sind alle gewachsen in dem einen Jahr. Aus Kindern werden Leute, sagt die Oma immer, recht hat sie.

*

„und du so?“, fragt Märzkind. „ganz üble Aufschieberitis wegen Konfirmationseinladungen, gerade“, gebe ich zu. Julikind hat endlich eine Entscheidung getroffen, es ist auch alles da, in Einzelteilen, man müsste unbedingt, aber ach… Oh, da könnte sie aber sehr gerne bei helfen, weil sie hat ihrerseits gerade ganz üble Aufschieberitis wegen Lernen für Klausur. Das passt ja, zu zweit geht es schneller und ist sogar irgendwie gemütlich, tiefschürfende Gespräche bei stumpfsinniger Tätigkeit.

***

Riecht es hier…..? Ja eindeutig. Handlung erforderlich. Auf halber Treppe nach oben fällt mir auf, dass es wohl sinnig gewesen wäre den kleinen Feuerlöscher, der für solche Momente neben der Kellertreppe steht gleich mitzunehmen. Ich öffne Zimmertüren zwecks sensorischer Überprüfung. Nichts. Das kann nicht sein. Ich drehe eine zweite Runde, langsamer und aufmerksamer, aber da ist nichts. Merkwürdig. Drei Tage später stelle ich fest, das der Föhn nur noch kalt föhnt, egal welche Einstellung man wählt. Ich erkundige mich, ob das sonst noch jemandem aufgefallen ist. Nee, aber das da vielleicht was nicht mit stimmt, habe man sich neulich schon gedacht, als da vorne Funken rauskamen. Aha.

***

Boar, wieso riecht das hier so….? Handlung erforderlich, man kann sich denken wo, aber nein, beide Toiletten spülen ganz normal ab. Merkwürdig. Es dauert einen Moment, dann gluckert es in der Badewanne. Wurks. Ich nehme sämtliche Kleidung die da über den Badewannenrand hing, trage sie am ausgestreckten Arm Richtung Waschmaschine und starte eine Ladung völlig unsortierter Wäsche, führe dann einfache Klempnertätigkeiten aus und habe das Bad schon fast fertig geputzt, bevor noch jemandem auffällt, dass es hier irgendwie so riecht, als müsste man mal gucken…

***

Beginn der Osterferien. Endlich. Schon. Oder so, kein richtiges Zeitgefühl, dieses Jahr.

***

Ein verwunderter Blick aus dem Fenster: Es schneit. Vorgestern haben wir im T-Shirt draußen gesessen, ich habe die dicksten Winterjacken auf den Dachboden getragen und Allergietabletten bereit gelegt. Heute drei Grad und dicke weiße Flocken, nicht nur ein Schauer, es schneit.

Komplizierte Belanglosigkeiten

Wenn ich gewusst hätte, wie sehr ich mich über diesen aufgeräumten Kellerraum freuen würde, hätte ich das vielleicht schon viel eher gemacht. Theoretisch. Man kann jetzt, mal gerade, einfach so, vom Eingang aus, drei kleine Schritte bis ans hinterste Vorratsregal und wieder zurück gehen, ohne über irgendwas drüber steigen zu müssen. Feine Sache. Als ich das nächste Mal in den Kellerraum komme steht mittendrin der Honigrührer, daneben ein Hobbock und ein großer Kanister. Naargh. Andererseits dann doch wieder schön, dass das nicht in der Küche steht.

Wochenenden als regelmäßiges Freizeitkonzept sind ungewohnt, aber nicht schlecht.

***

Der Muttichat im Vorlauf zu diesem Termin ist legendär schnell eskaliert. Auf halben Weg zur Kirche bleibe ich einen Moment stehen und überlege ernsthaft, ob ich nochmal zurückgehe um Schnaps zu holen, entscheide mich aber dagegen, aus Zeitgründen.

Als ich ankomme läuft schon ein Gespräch. Es gibt Besonderheiten in diesem Jahrgang und die betroffene Mutterkollegin spielt mit offenen Karten. Ein Konfirmand befindet sich in Therapie, es gibt Fortschritte, aber, unmöglich zu sagen, ob er einen Gottesdienst mit Leuten und allem packen wird. Was dann passiert wirkt wie Magie. Die Mutter, die im chat auf Krawall aus war, teilt eine kleine Geschichte aus ihrem Leben. Aaaaha. Das erklärt einiges. Man äußert gegenseitiges Verständis und Hilfsbereitschaft, bei – äh, was auch immer, bitte einfach sagen. Es folgt das entspannteste, kompromissbereiteste Kirchen-Dekorations-Gespräch aller Zeiten. Wir wundern uns nachher selber. Die neu geschaffene Barrierefreiheit für mental-health-Sachen tut allen gut, denn, wenn man ehrlich ist hat im Moment niemand wirklich alle Latten am Zaun.

***

Zum Saisonstart festgestellt, dass mein Fensterputzmittel-Zusatz fast leer ist, beim Einkaufen wieder dran gedacht, aber nichts gefunden. Nicht in den Drogeriemärkten, nicht in den Vollsortimentern, nicht im Profi-Reinigungs-online-Geschäft. Merkwürdig. Vielleicht – und da komme ich tatsächlich erst jetzt drauf, mal den Produktnamen googeln. Ach guck. Glycerin ist nicht mehr Putzmittel, sondern Pflegemittel für Gummidichtungen gleiche Verpackung aber jetzt als Kfz-Zubehör. Ich bitte den Liebsten ein Fläschchen mitzubringen, wenn er demnächst Sommerreifen kauft, ist nicht eilig. Er hört anscheind nur halb zu. Am nachmittag des nächsten Tages teilt er mit, der junge Mann im Kfz-Laden habe nicht gewusst, was er wollte und ihn nach Datenbankrecherche an den Bastelladen verwiesen. Im Bastelladen ist das Zeug allerdings Saisonware und die Schneekugelbastelsaison gerade rum, man hat ihn in die Apotheke geschickt. Da füllen sie einem das frisch ab, soviel wie man halt will. Ich hatte ehrlich keine Ahnung.

***

Aus der laufenden Haushaltsauflösung landet eine größere Menge Wolle bei mir. Ich freue mich, dass man an mich gedacht hat, aber, so leid es mir tut, zwei Sekunden nachdem ich den Deckel des 80er Jahre Windelkartons geöffnet habe ist klar, das wird nix. Vorsichtig entnehme ich verschiedene Wollknäuel, die mit Sicherheit alle mal teuer waren. Eines fällt besonders auf. Es wirkt handgesponnen und war anscheind schon mal verstrickt. Jemand hat geribbelt und neu gewickelt und über Jahrzehnte aufgehoben, für den Fall des Falles, Kriegsgeneration. Einen Moment lang gedenke ich der vielen Arbeitsstunden und den Geschichten, die ich dahinter vermute. Dann trage ich alles Richtung Tonne. Hausstauballergie des Todes.

*

Ganz vorsichtig kippe ich den Inhalt der Osterdeko-Kiste aus. Einiges ist angenagt, ich hatte es befürchtet. Um ein paar Teile tut es mir wirklich leid, aber, von den allermeisten trenne ich mich leichten Herzens. Diese Stimmung ruhig mal nutzen. Ich öffne weitere Kartons und fülle Müllbeutel mit Dingen, die die Mäuse erwischt haben, funktionslosen Einzelteilen und Sachen aus anderen Haushalten, die hier „zwischenlagern“ bis die Mülltonne voll ist, und die der Nachbarin und die von der Omma. Sehr gut fühlt sich das an.

***

Hä? Was war denn hier los? Die Mülltonnen stehen nach der Abholung normalerweise fast genauso auf dem Bürgersteig, wie man sie hingestellt hatte. Diesmal nicht. An der neuen gelben Tonne ist ein Zettel befestigt, der mich darüber informiert, wie es in Zukunft „reibungslos laufen“ wird. Also, eigentlich lief alles prima, bis die angefangen haben zu optimieren, aber nun denn. Man möge bitte die gelbe Verpackungstonne mit der Deckelöffnung nach vorne an die rechte Straßenseite stellen. Das neue Fahrzeug, wird nur noch von einer Person gefahren und der automatische Greifer befindet sich an der Fahrzeugseite. Für optimale Abfuhrbedingungen ist auf einen Abstand der gelben Tonnen untereinander von 30cm zu achten. Alle anderen Tonnen werden old school abgeholt und sind daher wie bisher mit der Deckelöffnung nach hinten in einem Abstand von einem Meter zu den gelben Tonnen aufzustellen, sofern sie die gleiche Größe haben, ansonsten natürlich in Gruppen nach Größe sortiert mit einem Meter Abstand zwischen den jeweiligen Größen. Alles klar, mein Fehler.

***

Der Liebste guckt aus der Haustür „samma, hattest du nicht Blumen umgetopft, gestern?“, fragt er. Stimmt. Ich stelle den Besen an die Hauswand und finde meinen Ehering in der Fingerkuppe des Gartenhandschuhes wieder. Nachdem seit einer Stunde alle mit mir gesucht haben, ich jedes einzelne Wäschestück der letzten zwei Waschladungen ausgeschlagen, die Wäschekammer aufgeräumt, die Laugenpumpe gereinigt, jede Jackentasche ausgekippt, Möbelstücke bewegt, hochkonzentriert 100qm Fussboden gescannt und mit chirurgischer Präzision die Einfahrt gefegt hatte, freut mich das wirklich. Sehr.

***

Ich kippe passierte Tomaten zur Soße, mein Hirn spielt „stir it up“ dazu und ich muss ein bisschen schmunzeln. In einer zusammengewürfelten Damengruppe waren im Kino, der Film über Bob Marley lief. Die Musik kannte ich, aber der politsche Hintergrund war mir völlig neu und die Rastafari-Kultur irgendwie auch. Irgendwo auf dem Dachboden liegt die CD.

Challenges und Erkenntnisse, ungeordnet

Das Kind, das sich seit Monaten am liebsten ungestört im eigenen Zimmer aufhält möchte heute lieber auf dem Sofa im Wohnzimmer liegen. Sie bringt ihre Bettdecke mit, denn es ist kalt. Ich lege noch eine Wolldecke drüber, bitterkalt ist es. Ich nehme den heißen Stein vom Ofen und platziere ihn da, wo ich ihre Füsse vermute, bisschen besser, aber vielleicht könnte ich noch ein Stück Holz auflegen? 23°C Raumtemperatur. Ich koch dir erstmal einen Tee. Als ich nach fünf Minuten zurück komme sitzt sie ohne Decken da und fragt, ob ich vielleicht mal das Fenster aufmachen kann. Es ist so heiß. Aha. Wir haben keine Tests mehr, aber die braucht es auch nicht. Merkt man ja selber. Alle gleichzeitig Covid war Mist, alle hintereinander ist es auch.

*

Freitag abend sieht es kurz so aus, als würden wir in das gesundeste Wochenende des Jahres starten. Mehrere Freizeit-Programmpunkte finden gleichzeitig statt oder sind in Planung. Samstag abend liegt der Krankenstand wieder bei 3 von 5.

***

Normalerweise ziehen TikTok-challenges geräuschlos an uns vorbei. Diesmal nicht. Innerhalb von wenigen Tagen schaffen es gleich zwei davon als Hauptgesprächsthemen an den Esstisch.

Auf der Schultoilette wurde ein Possoir randvoll geschissen. Die Schule reagiert schnell und entschieden. Man weiß anscheind, wer es war, bevor die Helden der Sanitäranlagen-Challenge dazu kommen, ihren Ruhm zu genießen. Vandalismus nennt man sowas in der analogen Welt.

Erst ist es nur ein Gerücht, aber leider scheint was wahres dran zu sein. Im Rahmen einer Karnevalsveranstaltung wurden zum instrumentalen Refrain eines Liedes fröhliche Hassparolen gesungen. Fremdschäm-Modus aktiviert. Dass man in einer tanzenden Menschenmenge nicht mitbekommt, was neben einem gesungen wird ist leicht vorstellbar. Dass dieses spezielle Lied versehentlich gespielt wurde muss man, mit Blick auf die AfD Wahlergebnisse letztens, allerdings glauben wollen. So neu ist die challenge nicht. Aber es scheint so zu sein. Der Liebste bringt Tratsch vom Alte Herren Fussball mit. Einige wussten garnicht, dass es Tiktok-challenges gibt. Das macht es natürlich nicht besser. Schon drei Wochen später erscheint ein Artikel in der Regionalzeitung, der über die Vorkommnisse berichtet. Volksverhetzung ist strafbar, sehr ernst nimmt man das.

*

Erkenntnisse am Küchentisch:

Dummheit in Kombination mit schlechten Manieren ist nicht erotisch.

Nie wieder ist jetzt und hier – und kam doch irgendwie überraschend.

TikTok ist die digitale Version eines Knusperhäuschens, gebaut, um Kinder anzulocken, nicht als KiTa…

***

Dorftratsch: Der neue Unternehmensberater des Seniorenheims hat ein erstes Meeting einberufen und den Pflegenden geraten, die Bettwäsche der Bewohner nur noch einmal im Monat zu wechseln, um die Kosten für Wäscherei zu senken. Och guck. Einparpotential für dieses Unternehmen hätte man ehrlich gesagt eher im Immobilienportfolio, im Fuhrpark, dem Managment oder vielleicht sogar im Lebenswandel der Betreiber vermutet – aber natürlich sind es die Wäschewechsel, zum Glück hat es jemand bemerkt.

***

Omas Hahn wurde gefressen. Ein Drama.

***

Die ersten acht Wochen ohne Schichten sind rum. Ganz allmählich gewöhnen wir uns an die anderen Abläufe. Regelmäßig ausreichend Schlaf hat verblüffende Auswirkungen auf den Alltag.

*

Der Liebste läuft mit einem heißen Blech in der Hand Richtung Esstisch, ruft „essen“ in die Weiten des Hauses

Ich: „ich glaube, dein Handy klingelt“

Er nimmt Handy mit auf den Flur wegen Empfang.

Die nach und nach ankommenden Blagen schnappen Gesprächsfetzen auf „Gulli schon abgedeckt?“ „wie schnell kannst du da sein?“ Der Liebste rennt die Treppe hoch und quasi sofort wieder zurück, schnürt sich die Schuhe zu, ruft „Esst“, nimmt Autoschlüssel und fährt weg. Wir schauen uns fragend an. Wird wohl was Wichtiges gewesen sein.

Maikind: „ah, ja, wenn man Chef ist, muss man wohl auch manchmal arbeiten, wenn eigentlich keine Arbeit ist, ne?“

***

Einen bezahlbaren Caterer zu finden, der an einem Sonntag etwas für 30 Leute von denen 3 kein Fleisch essen möchten, 1 Person keinen Weizen verträgt, 1 keine Citronensäure, 5 laktoseintolerant und 2 alkoholkrank sind, kocht und liefert ist keine Herausforderung. Das ist schlicht unmöglich. Wenn man es endlich bemerkt, ist der Rest eigentlich ganz einfach. Der Schwipp-Schwager wird das Konfirmationsessen kochen, und das Drumherum machen wir so wie an Weihnachten.

***

Ich hatte ehrlich gesagt gedacht, es wäre ein Scherz. Irgendwie wurde daraus aus ein Plan und jetzt muss ich mich outen: Ich esse gar kein Mett. Das macht nichts, versichert man mir, es wird Käseplatte geben. Tja dann, fühle ich mich geehrt dabei sein zu dürfen. „Pass uff, da wird mal ein ganz großes Ding raus“, sagt die neben mir sitzende Gastgeberin, „und dann sagen wir, weißte noch, wie alles begann, damals in der kleinen Gartenlaube“, „ein Festival“, sage ich, denn es tatsächlich witzig zu beobachten, und auch lehrreich, so ein Mett-Tasting. Heumett wird aus Strohschweinen gemacht, das wußte ich nicht.

ach komm, geh weg KWs 5,6,7/2024

Heeejjj, mein linkes Nasenloch ist wieder luftdurchlässig, zum ersten Mal seit drei Wochen. Ich freue mich – solange bis mir klar wird, dass dafür jetzt das rechte, naargh…

Der Krankenstand im Haus liegt konstant bei 3 von 5. Personen und Symthome wechseln stetig. Mittlerweile hat jeder eine persönliche Definition von „gesund“. Man gewöhnt sich.

Die Hausapotheke muss neu gefüllt werden. Zum ersten Mal überhaupt wurden die im Herbst angelegten Medikamentvorräte aufgebraucht.

***

Es gab mentale Herausforderungen an Arbeitsstellen, der Uni und in der Schule, zeitgleich natürlich, wie auch sonst. Das Meiste davon betrifft mich garnicht, eigentlich ist alles gut aber in der Summe… sitze ich in dem Zimmerchen, dass mal Abstellkammer war, gucke blade mate lawn care videos auf youtube. „Ach, hier bist du“, sagt der Liebste, schüttet kommentarlos frischen Kaffee in meine Tasse und geht wieder. Gut, dass ich den schon geheiratet habe.

***

Montag morgen um viertel nach fünf begegnen sich zwei Welten. Der Liebste kommt gerade von der Superbowl-Party, leider haben die falschen gewonnen, aber macht nichts, ein richtig schöner Abend ist das gewesen. Fröhlich begrüßt er Maikind. Der antwortet mit einem Brummgeräusch, für ihn ist schon morgen früh.

*

Also, ich kann gut um kurz vor fünf aufstehen und Sachen erledigen. Bis nachmittags um drei. Da lauert ein mittelgroßes Müdigkeitstief, das hatte ich vergessen.

***

Die neuen Verpackungs-Müll-Tonnen sind genauso groß wie die normalen, wiegen gefülllt aber weniger. Es ist sehr windig draußen. Jeder, der das Haus betritt, weist mich darauf hin, dass das kein gutes Konzept sei. Man habe die Mülltonne, die zur Abholung an der Straße lag, wieder hingestellt und sämtliche verwehten Verpackungen von der Fahrbahn und aus dem Hang eingesammelt. „Sehr gut, vielen Dank, ich kann allerdings auch nichts dafür“. Wir tun Plastikmüll jetzt wieder in gelbe Säcke und die dann in die Tonne. Total nachhaltig, so liegt es später nicht in den Büschen und im Wald rum.

***

Da sitze ich nun, im kalten Auto, ohne Geld und Datenvolumen. Das Glockenspiel im dekorativen Türmchen mitten auf dem nebelverhangenen Parkplatz spielt „Freude schöner Götterfunken“ zur Untermalung der Situation. Maikind findet mich, das ist schon mal gut. Fröhlich erkundigt er sich, wie es zu dieser Planänderung kam. Das ist schnell erklärt: Ich drehe den Schlüssel im Zündschloss, das Auto hüstelt leise. „Ah so“, sagt er, und ich hätte doch das öffentliche W-Lan nutzen können, während der Wartezeit. Gab keins. Doch sicher, er hält mir sein Display vor die Nase. Drei Stück, und noch ein paar von Leuten, aber das macht man ja nicht. Mein mobiles Endgerät weiß nichts davon und stellt sich stur. Der Liebste findet uns. Er bittet mich auszusteigen, damit er „mal gucken“ kann. Ich verlasse das Fahrzeug mit dem Hinweis, dass ich durchaus in der Lage bin festzustellen, dass ein Auto nicht anspringt. Er dreht den Schlüssel, das Auto springt an. Ja nee, ist klar.

***

Die Nachbarin ruft an und fragt, ob eventuell von uns jemand heute vor 16 Uhr im Städtchen sei und sie mitnehmen könnte. Sie werde jetzt aus dem Krankenhaus entlassen und der Fahrdiest kann erst um 16 Uhr. Es ist elf Uhr vormittags. Ich würde sie abholen. Sie freut sich sehr und wird im Foyer auf mich warten, bis gleich. Dort ist sie nicht, als ankomme. Ich finde sie, abmarschbereit, aber offensichtlich nicht entlassungsfertig im Patientenzimmer. Nach einigem hin und her ist klar, es wird noch länger dauern, bis 16 Uhr, ungefähr, Fahrdienst ist bestellt. Die Nachbarin entschuldigt sich vielmals. Das hat sie falsch verstanden, da bin ich ja nun umsonst…hach. Nicht schlimm, versichere ich ihr und erkläre, wie es jetzt weitergehen wird. Essen, Arzt, Papiere…. Ach so. Sie setzt sich an den Tisch, rückt das Mittagessenstablett darauf zurecht und stellt ihre Tasche auf den Boden. Ein Einkaufsbeutel vom Discounter, darin ist ein Nachthemd, sonst nichts. Sie ist seit drei Tagen hier.

Nachdenklich fahre ich wieder nach Hause.

***

Eine Email zur Information der Erziehungsberechtigen. Sehr viel Text und vier Anhänge lassen sich ganz einfach zusammenfassen: Eltern haben das homeschooling beendet, die Blagen sind 13, da geht nix mehr. Die Schule ist entsetzt. Keine Arbeitsmoral, keine Leistungsbereitschaft, leider wird so niemand die Abschlussprüfung schaffen, man möge seine Brut disziplinieren oder wahlweise das Problem mit Geld bewerfen, bei Fragen oder Anregungen könne man sich natürlich melden. Tjaaaa, dann, formuliere ich doch noch mal ganz sachlich, und so freundlich und wertschätzend es mir nur möglich ist, genau das, was ich auf dem Elternabend schon gesagt hatte. Im Grunde lässt es sich mit einem legendären Filmzitat zusammenfassen: „Chantall! Heul leise.“

***

Da läuft eine Haushaltsauflösung es gäbe Sachen zu verteilen. Danke, aber eher nein danke. Märzkind fährt „mal gucken“ und findet Schätze in Ur-Omas Kleiderschränken. Total stylisch das alles.

***

An einem Morgen gehe ich die Hunderunde mit dicker Jacke, Handschuhen und Mütze auf gefrorenem Boden. Über Nacht wurde anscheind ein Schalter umgelegt. Am nächsten Tag 10°C und Vogelgezwitscher rund um mich herum. Normal ist das nicht, aber soll mir recht sein.

Gedanklicher Beginn der Bienen-Saison, Mitte Februar.

Winterwetter und der Einschlag Teil 2,6

Erst war es nur so eine Ahnung, dann ein Verdacht, ich habe gesucht und gefunden, leider. Mäuse wohnen auf unserem Dachboden, mehrere. Vorsichtig sichte ich Kartons. Es tut mir wirklich leid, andererseits ist die Entscheidung ganz leicht, da ist nichts mehr zu retten. Ich trage Dinge von emotionalem Wert, angefangene Nähprojekte und Sommerkleidung nach unten, bis die Restmülltonne voll ist.

***

Auf allen Kanälen wird ein Unwetter angekündigt, bis zu 45 cm Schnee sollen fallen, allerdings erst ab Mittag, normaler Start in den Tag, erstmal abwarten. Tatsächlich fängt es gegen eins an, mit aller Entschlossenheit zu schneien, ohne Umwege fallen die Flocken aus den Wolken auf den Boden. Gegen drei lohnt es sich schon, mal die Einfahrt frei zu schaufeln, und um fünf und um sieben… Ein Unwetter-Gefühl kommt trotzdem nicht auf, dafür ist es zu leise.

***

Sonntag morgen gehe ich eine große Runde mit dem Hund. Richtig schön ist es draußen, kalt und weiß. Die Spuren im Schnee verraten, wer hier noch alles hergelaufen ist, das sieht man ja sonst garnicht. Also, das Hirsche ein Stück größer sind als Rehe war ja klar, aber, einen Moment bleibe ich beeindruckt vor der Spur stehen, die den Wanderweg im Wald kreuzt. Da fragt man sich, wie die auf so riesen Füssen so leise laufen können.

Als ich nach über zwei Stunden den Berg wieder hoch stapfe, kommt mir aus dem Nichts eine Erkenntnis. Ich sage mir selber ein paar ehrliche Worte und beglückwünsche mich anschließend. Erfolge ruhig auch mal feiern. Bei der letzten Erkenntnis dieser Art saß ich heulend auf der Kellertreppe.

***

Über Jahre waren die Damen in der Ortsmitte Teil meines Alltags. Auf dem Weg zum Kindergarten ist man immer mindestens einer von ihnen begegnet, so wie alle anderen auch. Soziale Medien in der unplugged Version, quasi. Drei von ihnen sind innerhalb der letzten Wochen verstorben. Sehr unterschiedliche Trauerfeiern waren das. Einmal klein, mit eindeutig wenig Geld, aber in liebevoller Erinnerung. Einmal sehr herzlich, die Kirche voll wie an Weihnachten mit Anschlusskaffee für geladene Gäste – und einmal bin ich nach Hause gegangen, mit dem Gefühl, dass es doch wirklich eine gesellschaftliche Errungenschaft ist, dass Leute die keine Kinder möchten, heutzutage keine haben müssen.

***

Über Nacht ist das ganze Winterwonderland weggetaut. Beeindruckend.

***

Die Waschmaschine macht Geräusche. Das Ende ist nahe, ob man vielleicht, wegen Lieferzeit besser schon mal?, frage ich den Liebsten. „Ach was“, sagt er, „wenn man so mit der Hand drauf drückt, beim Schleudern, dann hört das Geräusch auf.“ Stimmt.

***

Sie fühle sich eigentlich nicht richtig krank, sagt Märzkind, andererseits aber doch krank genug, um ihre Schicht vielleicht lieber abzusagen. „Mach doch mal n Test“, sage ich reflexartig. Wir stellen fest, dass die allermeisten unserer eingelagerten Tests abgelaufen sind, ob die wohl noch was anzeigen? Ja. Tun sie. Zur Sicherheit noch einen frischeren hinterher. Es bleibt dabei. Och guck. Damit hatten wir ehrlich gesagt nicht gerechnet. Ich rufe Maikind herbei, denn ich hätte eine Idee, woher seine Kurzatmigkeit kommen könnte. Negativ, aber das macht es leider nicht besser. Zusammenfassend hatten wir ab da dreimal Covid, eine Virusinfektion der Atemwege, die aber wesentlich schlimmer verlief und länger gedauert hat als die aktuelle Corona-Variante, einmal Magen-Darm, einmal Nasen-Nebenhöhlen, und eine Person, die die ganze Zeit über gesund war. Spoileralarm, ich wars nicht.

*

Ich schlage das Januarblatt am Kalender um. Kann weg.

***

Man hat mich zu der Elternwhattsapp-Gruppe mit dem Titel „Konfirmation 2024“ hinzugefügt. Stimmt, da war ja was. Und nächstes Jahr April ist demnächst schon. Leicht erhöhte Pulsfrequenz. Obwohl, doch nicht.

Januarschnipsel 2024

Ein Weihnachtsgeschenk steht noch auf dem Schrank. Ironischerweise war es das erste, dass ich eingepackt hatte. Dann eine whatsapp aus dem Haushalt, in den dieses Geschenk gehört. Man habe uns nicht vergessen, es gab Ereignisse. Kein Problem, um ehrlich zu sein, ist es gerade eben erst aufgefallen. Wir finden eine Gelegenheit, umstandslos am Küchentisch zu sitzen „…weißte, wir sind da jetzt an so einem Punkt angekommen, wo man sagt, egal, was dieses Jahr bringt, lass es einfach kommen“, sagt der Hausherr. Das Datum ist noch nicht mal zweistellig.

***

Das erste E-Rezept abgeholt und eingelöst. Einfach so.

An der Eingangstür der Apotheke hängt ein Ausdruck, darauf stehen die diensthabenden Notfallapotheken für die nächsten Tage. Die Dame vor mir wundert sich, es ist doch gar kein Wochenende? Das stimme schon, sagt die Apothekerin, aber, durch die neue Gebietsaufteilung könnte es passieren, dass man außerhalb der normalen Öffnungszeiten jetzt bis ins nächste Städtchen fahren muss „…wenn man denn ein Auto ein hat…“ murmelt die Dame während sie ihren Rollator routiniert wendet und so parkt, dass sie ihre Einkäufe im Sitzen erledigen kann „…ansonsten – wird man eben von selber gesund…“, sagt sie, in diesem wottsefack-Tonfall der Ü70-jährigen. „Tja“ sagen wir alle. Im Kopf gehe ich die Hausapotheke durch. 80 Minuten Autofahrt wären das, von uns aus, hin und her, im blödesten Fall. Obwohl, man könnte ja auch über die Grenze, vielleicht mal googlen, wie NRW das mit den Notdiensten macht .

***

Der Versuch, die Zahnarztpraxis zu wechseln ist gescheitert. Es ist jetzt einfach wie es ist.

In der Praxis, die zuletzt so zermürbend organisiert war von heute auf morgen einen Termin bekommen, der zum vereinbarten Zeitpunkt stattfand und ein Ergebnis erbracht hat, ein erfreuliches noch dazu. Magie.

***

Maikind zum Führerschein angemeldet. Der Plan war, diese Ausnahmeregelung zu beantragen, nach der 17-jährige mit Führerschein ihren Arbeitsweg allein fahren dürfen. In anderen Bundesländern kann man das bei den Fahrschulen direkt, in Hessen nicht. Hier gibt es diese Ausnahmeregelung nur für Vollwaisen, die eine „kleine MPU“ bestehen. Fragt man sich, ob das witzig ist.

***

Morgens um acht noch -10°C. Ich trage Bettdecken und Kissen und vor die Tür, Märzkind hilft mir mit den Matratzen. Man kann nur hoffen, dass uns niemand sieht. Zwei Stunden später hole ich Matratzen alleine wieder rein, denn jetzt geht es viel leichter, wie bei minecraft. Alle Milben tot. Premium Schlafqualität.

-10°C ist kalt. Punkt. Die Abläufe ähneln aber denen bei Wetter über 30°C. Man dichtet das Haus ab, guckt mal, was eigentlich so im Auto rumliegt, füttert Vögel, redet über Wetter und Kleidung und ist abends irgendwie kaputt.

Der Hund kommt aus dem Bach, geht bis an die Stelle, an der sich sonst trocken schüttelt, schüttelt sich, geht zwei Schritte, schüttelt sich, schüttelt sich nochmal und guckt mich vorwurfsvoll an. „ich hatte gesagt, ist vielleicht keine gute Idee, bei dem Wetter“

***

Die Busverbindung entfällt – Ferienfahrplan nennen sie das. Eine Muttitaxifahrt also. Die Lokführer streiken und die Straßen sind voller Traktoren, weil die Landwirte demonstrieren. Ob wir bitte auf sie warten könnten, erkundigt sich Märzkind. Sicher. Außerplanmäßiger Aufenthalt auf einem Reweparkplatz. Niemand hat zu Mittag gegessen. Folgekosten.

***

Julikind hat als einzige noch Ferien. Am Liebsten würde sie nach Südkorea. Ich kann eine Fahrt ins Nachbarstädtchen anbieten, dort gibt es einen neuen Asia-Laden. Der ist winzig, aber es lohnt sich. Wenn man eine Verpackung hoch hält und fragend guckt, kommt die Verkäuferin und erklärt freundlich wie man das in Kombination mit was am Besten zubereitet. „Reis haben wir auch in große Tüte“, sagt sie, und deutet auf eine Sackkarre neben ihrem Tresen. „danke, ich nehm erstmal eine kleine“, sage ich und ziehe einen 5 kg Beutel aus dem Regal.

***

Nach mehreren Stunden denken und wurschteln ein Computerproblem anscheind durch Löschen des Browsercaches gelöst. Damit dann beim nächsten mal anfangen.

***

Auf einer Familienfeier frage ich die neben mir sitzende Großtante, ob sie sich schon ein bisschen eingelebt hat, in der neuen Wohnung. Hat sie. Es war eine gute Entscheidung zur richtigen Zeit. Das freut mich. Da hat sie aber ihren Hausstand auch ziemlich verkleinern müssen in den letzen Wochen? „Oooohhh, das glaubt man garnicht…“, sagt sie. Kistenweise habe sie Zeug in den Werkhof gefahren. „Vasen. Ich hatte Vasen. Für jede Art von Blumenstrauß und welche, weißte, nur so für zwei drei Blümsken aufn Tisch… Vasen…“, sie schüttelt mit dem Kopf “ und da haben die sich so drüber gefreut, in dem Laden, alles direkt ins Regal“. Ich nicke und grinse. „kannste glauben, ich bin in genau dem Laden letzte Woche gewesen und hab solche Vasen gekauft – Tischdeko, Konfirmation“. „Is nich wahr…“, sie stupst mich in die Seite und lacht herzlich.

Dann wird der Ton etwas ernster. „Hömma – wegen Weihnachten, ne? Das war nicht meine Schuld.“ „Hä? Nee, natürlich nicht, im Gegenteil, du warst eigentlich die Lösung. Wir hatten uns Sorgen gemacht.“ Wir erzählen uns gegenseitig die Weihnachtsgeschichte – und reden dabei in aller Selbstverständlichkeit über die Oma während sie genau neben uns sitzt. Es fällt mir erst später auf. Ein Meilenstein, irgendwie.

*

Ich wollte nicht unhöflich sein und ich hatte wirklich Hunger. Im Familienchat erkundige ich mich nach dem Gesundheitszustand der anderen. Es geht allen gut, man hatte Apfelkuchen. Die Anteilnahme an meinem Zustand ist nur fast herzlich. Sahnetorte, an einem Dienstag, da muss man seine Grezen kennen. Gäbe es ein Edersee-Gastronomie-Erlebnis-Bingo, könnte ich jetzt schon ein Feld markieren.